Historischer Wert. Streuobstwiesen entstanden in der Umgebung römischer Villen. Damals eingeführte und kultivierte Wildformen von Apfel, Birne, Süßkirsche, Pflaume und Walnuss gibt es in den zahlreichen Streuobstwiesen, die Neckargemünd von allen Seiten umgeben, bis heute. Neben Obst wuchsen hier früher auch Gemüse und Getreide. Davon zeugen in Kleingemünd die alten Flurbezeichnungen "Im Kohlacker", "Appegrund", "Langenäcker". Die Bezeichnung "Im Gallenacker" deutet auf Druckwasserquellen und Wasserlöcher hin. "Nur wenige Biotope machen die enge Vernetzung von Natur, Landschaft, Kultur und Ernährung so deutlich wie die Streuobstwiesen. Als Kulturlandschaft sind ihre traditionellen Nutzungsformen vorbildlich an Boden, Klima und Gelände angepasst. Ihre nachhaltige Nutzung dient nicht nur der Produktion gesunder Nahrungsmittel – häufig auch für Obst-Allergiker –, sondern befördert zudem eine langsame Grundwasserbildung, schützt vor Erosion an Hanglagen und dient der Frischluftproduktion. Spaß und Genuss kommen dank knackigem Obst, süffigem 'Moschd', naturtrübem Apfelsaft oder deftigem Obstbrand nicht zu kurz", schreibt der NABU. Heute ist die Erhaltung alter Obstsorten ein wichtiges Anliegen. Mehr zur Geschichte von Streuobstwiesen ...
Ausdehnung. Das zusammenhängende Gebiet der Kleingemünder Streuobstwiesen erstreckt sich auf baden-württembergischer Seite über knapp 25 Hektar (248.000 qm) von dem Neubaugebiet im Westen bis zur hessischen Grenze im Osten, von der Kurpfalzstraße/Neckarsteinacher Straße im Süden bis zur Verlängerung der Merianstraße im Norden. Durch ungezählte Erbteilungen besteht es heute aus zahlreichen langen und sehr schmalen Grundstücken, die zumeist hangparallel verlaufen und dadurch gut zu pflegen sind. Wie die Wiesen parzelliert sind, zeigt das Geoportal Baden-Württemberg.
Naturschutzgebiet. Der gesamte östliche Teil der Streuobstwiesen - knapp 16 Hektar (157.310 qm) - steht seit 2013 unter Naturschutz. Damit verfolgt das Land einen dreifachen Zweck. Erstens möchte es einen "naturraumtypischen, gut gegliederten Landschaftsausschnitts des Neckartals mit Obstbaum-Wiesen, Baumgruppen, Feldgehölzen, Gebüschen, einer Trockenmauer und einem Traubeneichen-Hainbuchen-Wald" erhalten, sichern und entwickeln. Zweitens zielt es auf den Schutz "der extensiv genutzten Wiesen, Obstbäume, Baumgruppen, Hecken, Feldgehölze und Gebüsche der Trockenmauer und des Waldes, jeweils als landschaftsbildprägende Einzelbildungen und als Lebensräume der vorkommenden Populationen teilweise speziell angepasster, seltener und bestandsgefährdeter Tierarten", darunter allein 22 teils sehr seltene holzbewohnende Käferarten. Drittens geht es um die Erhaltung, Sicherung und Entwicklung "der Offenlandlebensräume als wichtige Trittsteine im Biotopverbund". Was im Naturschutzgebiet erlaubt und verboten ist, ergibt sich aus der Verordnung des Regierungspräsidiums Karlsruhe über das Naturschutzgebiet "Streuobstwiesen Kleingemünd" vom 16. September 2013.
Ökologie. Der NABU-Bundesfachausschuss Streuobst geht für alle hochstämmigen Streuobstwiesen Deutschlands von über 5.000 Tier-, Pflanzen- und Pilzarten sowie rund 6.000 Obstsorten aus. Die Kleingemünder Streuobstwiesen sind überwiegend Magerwiesen. Sie dürfen von März bis September nicht betreten werden; Mensch und Hund müssen auf den Wegen bleiben. Allein die notwendige Pflege, Mahd und Ernte der Wiesen bricht das Betretungsverbot. Das Gebiet ist ökologisch von hohem Wert. Auf den Wiesen stehen hochstämmige Apfel-, Kirsch-, Birn-, und Walnussbäume, Esskastanien und Schlehen, Weißdorn und Weiden. In den schattigen Zonen wächst im Frühjahr Bärlauch. Mistel und Brombeeren sind ständige Gegner der Obstbäume. Vögel sind allgegenwärtig; bisweilen werden Wendehals und Neuntöter, Goldammer und Grauschnäpper gesichtet. Mit Einbruch der Dämmerung zeigen sich neun Arten von Fledermäusen. Ein stilles Paradies für Pflanzen, Tiere und den Menschen. Mehr ...
Wirtschaftliches. Wiesengrundstücke im Naturschutzgebiet haben vor allem einen ideellen Wert. Wirtschaftlich lohnen sich die Pflege und Ernte kaum, aber ökologisch, gesundheitlich und seelisch sind sie unschätzbar wertvoll. Deshalb gibt es auch Möglichkeiten einer finanziellen Förderung durch das Land (zuständig sind das Landratsamt Rhein-Neckar und der Landschaftserhaltungsverband Rhein-Neckar) oder durch die Stiftung Naturschutzfonds Baden-Württemberg. Mehr ...